16.05.2008: Ankommen in Oberberg

Oberbergischer Kreis eröffnet neue Wanderausstellung zum Thema Migration

Textgrafik - Ankommen Zuwanderung ins Oberbergische nach 1945 Fotos der Titelseite des Flyers der Wanderausstellung

Oberbergischer Kreis. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich mich als Fremder der Landschaft und ihren Menschen anpassen muss. Ich konnte also nicht das Ziel haben, aus den Oberbergern Pommern zu machen. Ich musste mich also in die Situation der Menschen hineindenken, unter denen ich nun lebte. Und so habe ich mich bemüht, die Oberberger zu verstehen.“ Mit diesen Worten blickte der langjährige Landrat Friedrich Wilhelm Goldenbogen 1979 auf seine frühen Jahre im Oberbergischen zurück. Er hat wie Tausende andere Zuwanderer im Kreis eine neue Heimat gefunden. Das Schicksal von Migranten in der Zeit von 1945 bis heute ist Thema einer neuen Wanderausstellung, die von der historischen Arbeitsgruppe des Oberbergischen Kreises konzipiert und am heutigen Freitag im Kreishaus eröffnet wurde.

Es ist das dritte Ausstellungsprojekt der Arbeitsgruppe unter Leitung von Kulturdezernent Werner Krüger. Nach den Themen Zwangsarbeit und Mobilität hat sich die Arbeitsgruppe unter dem Titel „Ankommen“ der Zuwanderung ins Oberbergische nach 1945 gewidmet. Die Wanderausstellung ist nach ihrer ersten Station im Kreishaus (19. Mai bis 19. Juni) in sechs weiteren Städten und Gemeinden im Kreisgebiet zu sehen.

Silke Engel vom Museum Schloss Homburg und Kreisarchivar Gerhard Pomykaj haben zwei Jahre lang federführend Material gesammelt, gesichtet und ausgewertet. Museumdirektorin Dr. Gudrun Sievers-Flägel, Regionalhistoriker Peter Ruland, Birgit Behrend vom Heimatbildarchiv und Museumspädagogin Birgit Ludwig-Weber begleiteten das Projekt mit ihrer Fachkompetenz.

Ausstellungsmacher: Volker Dick, Conny Koeppl, Peter Ruland, Gerhard Pomykaj, Birgit Behrend, Birgit Ludwig-Weber, Werner Krüger, Silke Engel, Dr. Michael Posth und Dr. Gudrun Sievers-Flägel. (Foto: Oberbergischer Kreis)

Ausstellungsmacher: Volker Dick, Conny Koeppl, Peter Ruland, Gerhard Pomykaj, Birgit Behrend, Birgit Ludwig-Weber, Werner Krüger, Silke Engel, Dr. Michael Posth und Dr. Gudrun Sievers-Flägel.
(Foto: Oberbergischer Kreis)

Ein Presseaufruf 2006 markierte den Start. Persönliches Foto- und Archivmaterial bereicherte den Bestand des Heimatbildarchives des Oberbergischen Kreises sowie des Kreis- und Stadtarchivs Gummersbach. „Dank vielfältiger Kooperationspartner wie dem Caritasverband Oberberg und zahlreichen Initiativen zur Integration von Zuwanderern konnte das Thema gut lokal verankert werden“, sagte Landrat Hagen Jobi in seiner Eröffnungsrede. Es gab auch großzügige finanzielle Unterstützung. Landrat Hagen Jobi dankte dem Land NRW, der Kulturstiftung Oberberg der Kreissparkasse Köln und den Landschaftsverband Rheinland, für die Übernahme von 90 Prozent der Kosten für Ausstellung und Katalog.

„Zuwanderung ist ein stark bürokratischer Prozess“, leitete Kreisarchivar Pomykaj in die Schau ein. Der Besucher kommt an und steht vor einem Behördenschreibtisch, sein Blick fällt in eine Amtsstube. So ist es 1945 den Vertriebenen auch gegangen, die in Dieringhausen von der Militärbehörde auf Unterkünfte im Kreisgebiet verteilt wurden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zogen rund 20.000 Vertriebene und Flüchtlinge, vorwiegend aus Schlesien, Ostpommern und Ostpreußen ins Kreisgebiet. Das Schicksal der Familie Hackel, die 1946 ihre Heimat im Sudetenland verlassen musste, ist eins von drei persönlichen Beispielen, die in der Ausstellung näher beleuchtet werden. Auch der Bau der Siebenbürger Sachsen Siedlung in Drabenderhöhe 1963 ist ebenfalls auf einer der 14 Tafeln dargestellt. „Den Siebenbürger-Sachsen ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, ihre Kultur zu bewahren und sich dennoch in das Leben in Oberberg zu integrieren“, sagte Pomykaj.

Diese Bewegung von Ost nach West wurde Anfang der 1960er Jahre durch die Zuwanderung von Gastarbeitern abgelöst. „Interessanterweise stellten die Griechen in Oberberg bereits 1971 rund 28 Prozent der ausländischen Arbeitskräfte“, berichtete Silke Engel. Aufgrund großer Arbeitslosigkeit in Afandou auf der Insel Rhodos zogen von dort in den 1960er Jahren 800 bis 3000 Griechen nach Gummersbach. Ein WDR Dokumentarfilm zeichnet den Weg dieser griechischen Gastarbeiter nach. Der Film ist sowohl in der Ausstellung als auch bei einem Filmabend am 29. Mai im Bruno-Goller-Haus in Gummersbach zu sehen.

Der starke Zuzug der Aussiedler und der damit verbundene Siedlungsbau im Kreisgebiet bilden die Schwerpunktthemen der 1980/90er Jahre. Der Oberbergische Kreis nahm bis 1994 rund 21.000 Neubürger auf, bei einer Gesamtbevölkerung von rund 280.000 Einwohnern.

Etwa zeitgleich führten weltweite Kriege Asylsuchende und Bürgerkriegsflüchtlinge in den Oberbergischen Kreis. „Im Gegensatz zu den Aussiedlern wurden Sie nicht mit offenen Armen empfangen“, berichtete Silke Engel. Aber der Fremdenfeindlichkeit seien die Oberberger mit Mahnwachen und Demonstrationen begegnet.

„Die Ausstellung versteht sich als Öffnung für hoffentlich weitere Folge-Projekte zum internationalen Thema der Migration. Denn dieser Prozess wird uns kontinuierlich begleiten, da immer mehr Ausländer nach Deutschland kommen werden. Ich erkenne viele Chancen der gegenseitigen Bereicherung im Umgang mit internationalen Zuwanderern, ein fließender Prozess, den jeder von uns individuell mitgestalten kann“, sagte Engel.

Parallel zur Wanderausstellung findet ein Programm mit Führungen für Schulklassen und Kleingruppen, Klavierabend und Erzählcafé statt. Das genaue Programm und die Stationen der Ausstellung sind im Internet unter www.obk.de unter der Rubrik „Aktuelles“ zu finden.



Letzte Änderung: 16. Mai 2008