Friedrich von Bömches

Friedrich von Bömches
geb. 1916 in Kronstadt (Brasov/ Rumänien)
gest. 2010 in Wiehl, Oberbergischer Kreis
 

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Der Trinker

Friedrich von Bömches "Der Trinker"

 Der Trinker
1991
Öl/Kreide/Karton
150 x 101 cm
 

momentaner Ausstellungssort:
Kreishaus, 1. Obergeschoss

Bildtext

Auf vollständig schwarzem Karton hat der Künstler, wahrscheinlich in Wischtechnik, verschiedene Farben aufgetragen. In wiederum schwarzen Konturen wird das Brustbild eines Mannes gezeigt. Das Bild hebt sich also hauptsächlich durch die farbig-schwarze beziehungsweise schwarzweiße Binnenstruktur vom dunklen Hintergrund ab. Aus einem knochigen, kahlen Schädel blicken den Betrachter die leeren Augenhöhlen eines Skelettes an. Dem verwesten Eindruck widerspricht ein erkennbar fleischiges Ohr und die Tatsache, dass der Mann ein Glas in grob skizzierten Händen hält. Vor ihm, im nicht näher definierten Raum, befindet sich eine Flasche. Teile des Gesichts bleiben im Dunklen; eventuell raucht der Mann.

 

 

ohne Titel

Friedrich von Boemches "ohne Titel"

 ohne Titel
1989
Kohle/Papier
101 x 71 cm

momentaner Ausstellungssort:
Kreishaus, 1. Obergeschoss

Bildtext

Die Kohlezeichnung zeigt eine magere männliche Figur, die offenbar von zwei Seilen, die oberhalb des Bildraums befestigt worden sein müssen, auf der einen Seite an der Schulter, auf der anderen Seite am Arm, aufrecht gehalten wird. Der Mann ist nur notdürftig bekleidet. Aus seiner Körperhaltung geht nicht hervor, ob er noch lebt. Der Geschundene scheint sich in einem von Mauern umgebenden Innenhof zu befinden. Möglicherweise handelt es sich aber auch um einen Innenraum. Schwer erkennbar ist die zweite Person, die sich auf dem Boden bei dem Mann befindet. Ihr Schädel ist der Schädel eines Skelettes.


Bildanalyse

„Ich male den Menschen, das Drama des Lebens.“ Friedrich von Bömches

Für den Betrachter sind nicht nur die schonungslosen Inhalte der Bilder, die Formensprache und Farbwahl vieler Graphiken und Gemälde Bömches’ eine Herausforderung, sondern auch das hinter den Bildern stehende Menschen- und Weltbild.

Das Leben des 1916 geborenen Friedrich von Bömches ist voll von traumatischen Erlebnissen und damit ein leider recht beispielhaftes Schicksal des 20. Jahrhunderts. Er entstammte einer siebenbürgisch-deutschen Familie im heutigen Rumänien. Nachdem er sechs Jahre im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatte, wurde er fünf Jahre in die Ukraine zu schwerer Zwangsarbeit deportiert. Aus politischen Gründen verließ er später seine Heimat und siedelte sich 1978 im Oberbergischen an. Seine Erfahrungen und die damit verbundenen existentiellen Gefühle thematisierte der Künstler in seinem Werk.

Einige Bömches-Spezialisten sehen im Künstler einen Chronisten des 20. Jahrhunderts. Diese These wirft aber die Frage auf nach der Bedeutung seiner biblischen und mythischen Arbeiten. Möglich wäre, dass die zentrale Fragestellung gar nicht um den zeitlichen Bezug kreist, sondern um die Eckpfeiler der menschlichen Existenz.

Krieg, Gewalt, Leiden, Flucht/Vertreibung/Heimatlosigkeit, Unterdrückung, Hunger, Krankheit, schlechte Lebensbedingungen, Selbstzerstörung und Tod gehören durch die Jahrhunderte zu den Grunderfahrungen des menschlichen Seins. Dafür spricht auch das Blatt von 1989, das weder einen räumlichen noch einen zeitlichen Bezug näher definiert. Bömches selbst verweist auf diesen Zusammenhang, wenn er vom „Muster geschichtlicher Verhaltensweisen des Menschen“ spricht, „die sich scheinbar durch alle Zeiten hindurch gleich bleiben, und darauf hinweist, dass wir „unser Heute ja schon in der Bibel ausgesprochen“ finden.

Trotz der düsteren Thematik, fühlte sich Bömches missverstanden, wenn nur die Tristesse seines Werkes gesehen wurde. Worum konnte es ihm noch gehen?

Gerade die Tatsache, dass menschliches Leid auch durch Fortschritt und einen hohen Zivilisationsgrad nicht aus der Welt zu bringen ist, treibt viele Menschen zu Verzweiflung und Verdrängung. Paradoxerweise erschwert aber gerade die Flucht vor den unabänderlichen Bedingungen des Menschseins, das Leben als Ganzes zu akzeptieren. In diesem Sinne gehören Tod und Leid zum Leben. Die Kunst diente Bömches zur Bewältigung konkreter traumatischer Erlebnisse und ist gleichzeitig ein Ausdruck seiner allgemeinen Lebensanschauung und Philosophie.

Um leidvolle Themen wahrhaftig auszudrücken, bedient sich der Künstler stilistisch einer derben und groben künstlerischen Sprache, der gleichen Sprache wie das Leid, das sich auch nicht um Kultiviertheit schert. Wo die Welt unlogisch und unverständlich wird, muss es auch die Kunst werden, die sie darstellen soll. Formal ist ihm dabei jedes Mittel recht; er malt in großer Geschwindigkeit mit Fingern, mit der Handfläche, dem Handrücken oder der Handkante.

Seine, wie er selbst sagt, „hysterische Zeichensucht“ hat zu einem sehr umfangreichen Werk geführt – man schätzt die Anzahl seiner Werke auf ungefähr 30.000 Stück. Für dieses Werk wurde er 1987 mit dem Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

 



Letzte Änderung: 03. Januar 2012