01.03.2013: Verwaltungsmitarbeitende informieren sich über Umgang mit Demenzkranken

Das Amt für Soziale Angelegenheiten des Oberbergischen Kreises hat Beschäftigte in Verwaltungen über den Umgang mit Demenzkranken informiert, unterstützt durch das Demenz-Service-Zentrum Bergisches Land

Oberbergischer Kreis. Der altersverwirrte 82-Jährige soll seinen Führerschein abgeben. Ein 92-jähriger passionierter Jäger, der an Alzheimer erkrankt ist, will seinen Jagdschein verlängern lassen - zwei Bürger, die zur steigenden Zahl demenzkranker Menschen gehören. 

Im Oberbergischen Kreis leben etwa 5000 Betroffene - im Jahre 2050 wird sich die Zahl der Demenzkranken mehr als verdreifacht haben

Auch im Oberbergischen sehen sich immer mehr Menschen in Alltag und Berufsleben mit der Alterskrankheit "Demenz" überfordert. Der Sozialamtsleiter des Oberbergischen Kreises, Joachim Steinhilb, spricht von rund 5000 Demenzkranken, die im Oberbergischen bekannt sind - die Dunkelziffer ist weitaus höher und die Zahl steigt stetig an. Joachim Steinhilb sagt, das Thema beschäftigt in zunehmenden Maße auch Mitarbeitende in Behörden. Wie schwierig es ist, mit Demenzkranken richtig umzugehen, erfahren Beschäftigte in Verwaltungen, etwa bei Einsätzen vor Ort und im Büro, bedingt durch den Publikumsverkehr.  

Das Sozialamt des Oberbergischen Kreises hat, in Kooperation mit dem Demenz-Service-Zentrum Bergisches Land in Remscheid, darauf reagiert und bietet nunmehr entsprechende Informationsveranstaltungen für besondere Zielgruppen an, wie Polizei, Ordnungsbehörden und weitere Dienstleister. Die Leiterin des Demenz-Service-Zentrums, die Diplom-Psychologin Monika Wilhelmi, beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Demenzkranken. Mit ihrer Kollegin Susanne Bäcker hat sie einen Vortrag entwickelt, der die Krankheit und den Umgang mit altersverwirrten Menschen näher umschreibt. Sie verdeutlicht, wie Demenzkranke ihre Umwelt wahrnehmen und warum sie unserer Logik nicht mehr folgen können.

Teilnehmende des Demenzparcours erleben die Einschränkungen altersverwirrter Menschen ( Foto: OBK)
Teilnehmende des Demenzparcours erleben die Einschränkungen altersverwirrter Menschen ( Foto: OBK)

Der Demenzkranke kann seine Situation nicht richtig einschätzen

Der Demenzkranke findet nicht die richtigen Worte. Er versteht vieles nicht mehr und kommt mit seinem Alltag nicht mehr zurecht. Er wird ungehalten, laut und ungerecht. Dass ihn seine engsten Vertrauten nicht mehr verstehen, beunruhigt und verletzt ihn. Der Gang zur Behörde verunsichert ihn zutiefst und bereitet ihm Stress. Der 82-Jährige versteht nicht, warum er seinen Führerschein abgeben soll.
Elke Quint ist beim Straßenverkehrsamt in der Führerscheinstelle tätig. Anschaulich schildert sie in der Schulung eine Situation, in der sie zwischen Angehörigen und Betroffenen zu vermitteln sucht: Die Tochter des demenzkranken Mannes ist sich bewusst, dass ihr Vater große Schwierigkeiten beim Autofahren hat. Die Polizei hat bereits mehrere Unfälle aufgenommen, die durch seine gesundheitlichen Einschränkungen passiert sind. Gleichzeitig will die Frau verhindern, dass ihr Vater nicht mehr mobil ist. Der Alleinstehende wohnt in einem kleinen Dorf und ist dringend auf sein Fahrzeug angewiesen. Die Tochter wohnt 20 Kilometer entfernt. Wenn der Vater seinen Führerschein abgibt, hat das auch für sie weitreichende Konsequenzen.

Von der Situation "drohender Zwangseinweisung" berichtet Sabine Kühn. Sie arbeitet im Ordnungsamt der Gemeinde Engelskirchen. "Während die Angehörige wollen, dass Vater und Mutter sicher untergebracht und versorgt werden, protestieren und rebellieren diese altersverwirrten Menschen!" Sie wollen selbständig und in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und unterschätzen dabei, dass sie sich und andere damit gefährden.
Aber die Teilnehmenden der Schulung sind selbst unsicher, den Bürger richtig einzuschätzen. "Wir sehen viele Antragsteller zum ersten Mal und in einer für sie ungewohnten Situation. Ich möchte niemandem unrecht tun, und ihn als 'dement' einstufen, nur weil er vielleicht unkonzentriert und aufgeregt ist", sagt eine Mitarbeiterin des Sozialamtes.

Verständnis zeigen und geduldig bleiben

Monika Wilhelmi, Leiterin des Demenz-Service-Zentrums Bergisches Land, kennt diese Konfliktsituationen. Sie ist ständig in Kontakt mit Demenzkranken und deren Angehörigen und berät sie. Sie empfiehlt zunächst dem eigenen "Bauchgefühl" zu vertrauen und dann zu prüfen: Kennt der Antragssteller noch meinen Namen? Ist er über aktuelle Ereignisse (Rücktritt des Papstes) im Bilde? Versteht er, was ich ihm gerade erkläre?
"Es gibt kein Patentrezept im Umgang mit demenzkranken Menschen. Verständnis zu zeigen und geduldig zu bleiben, ist aber eine wichtige Basis", sagt die Diplom-Psychologin. "Das ist nicht immer einfach, doch wer die Schwierigkeiten und Sorgen der Betroffenen akzeptiert und auf ihre Gefühle eingeht, kann Hilfe geben und Hilfe holen." Inzwischen gibt es sehr viele Ansprechpartner, die professionell helfen, sagt Monika Wilhelmi. Damit könne man auch den Angehörigen Perspektiven aufzeigen und die Situation "entschärfen".

Karl-Dieter Müller vom Kreissozialamt verweist auf die zahlreichen Informationen zum Thema Demenz auf der nachstehend verlinkten Internetseite des Oberbergischen Kreises. Die hier abrufbaren Informationen bieten eine wichtige Erstinformation. 

 

 



Letzte Änderung: 01. März 2013