20.05.2021: Wald-Fachkonferenz online: Kreis initiiert Arbeitsgemeinschaft für Wiederbewaldung und Waldnaturschutz

Waldbesitzer, Naturschutzverbände, Kreisjägerschaft und Fachinstitutionen wollen in Modellprojekt zusammenarbeiten

Oberbergischer Kreis. Stabile und widerstandsfähige Wälder, die den klimatischen Veränderungen dauerhaft standhalten und die verschiedenen Waldfunktionen erfüllen – dieses Thema beschäftigt unter anderem kommunale und private Waldbesitzer, Naturschutzverbände, Kreisjägerschaft, Landesbetrieb Wald und Holz und Biologische Station Oberberg. Der Oberbergische Kreis hatte daher, nach der großen Resonanz auf die erste Waldtagung im Februar 2020 auf Schloss Homburg, zu einer Online-Waldkonferenz am 29.4.2021 eingeladen. Rund 50 Vertretende verschiedener Waldbesitzarten, der Naturschutzverbände, der Jagd, der Biologischen Station und von Verwaltungen nahmen teil, um sich auszutauschen und Vereinbarungen für die zukünftige Zusammenarbeit im Bereich Wiederbewaldung und Waldnaturschutz im Oberbergischen Kreis zu treffen. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Programms Klima-Umwelt-Natur-Oberberg statt.

Landrat Jochen Hagt fasste zu Beginn der Online-Konferenz die Herausforderungen beim Erhalt der heimischen Wälder zusammen: "Jeden Tag verschwindet im Oberbergischen Kreis ein Stück Fichtenwald mehr. Die Folgen von Trockenheit, Hitze, Borkenkäfer-Befall und Stürmen sind unübersehbar. Neben den erheblichen wirtschaftlichen Einbußen ist diese Entwicklung auch ein emotionales Thema; nicht nur für Menschen die Wald bewirtschaften, sondern auch für Bürgerinnen und Bürger die hier leben und den Wald vermehrt als Naherholungsgebiet nutzen."

Im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichen Anforderungen

In Vorbereitung auf die diesjährige Waldkonferenz hatte Planungsdezernent Frank Herhaus den teilnehmenden Arbeitsgruppen einen Fragenkatalog zukommen lassen, um ihre Standpunkte zu dem Themenfeld in einem Kurzvortrag darzulegen. "Neben den wirtschaftlichen Belangen unter dem Aspekt einer notwendigen Holznutzung in der Zukunft und dem Aspekt des Waldes als Lebensraum zahlreicher Arten wurden hierbei auch Fragen des Klimawandels und der Ökosystemleistungen wie Wasserschutz und Erholungsfunktion des Waldes einbezogen", sagt Frank Herhaus.

Zentrale Aussage der diesjährigen Waldkonferenz: Zur Zukunftssicherung des Waldes müssen Naturschutz, Umweltschutz, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam betrachtet werden. (Foto/ Grafik: OBK)
Zentrale Aussage der diesjährigen Waldkonferenz: Zur Zukunftssicherung des Waldes müssen Naturschutz, Umweltschutz, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam betrachtet werden. (Foto/ Grafik: OBK)

Zentrale Aussage der diesjährigen Waldkonferenz: Zur Zukunftssicherung des Waldes müssen Naturschutz, Umweltschutz, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam betrachtet werden. (Foto/ Grafik: OBK)

Für die Gruppe der rund 8.000 privaten Waldbesitzer in der Region forderten Eckhard Schulte (Forstwirtschaftliche Vereinigung Bergisches Land) und Berno Freiherr von Landsberg – Velen (Holzkontor Rhein-Berg-Siegerland GmbH) eine unbürokratische Förderung der Wiederaufforstung. Auch die individuellen finanziellen Möglichkeiten der Waldbesitzer müssten dabei berücksichtigt werden, "um auf den Schadflächen klimastabile Mischwälder mit bis zu 80% Nadelhölzern für eine wirtschaftliche Perspektive zu entwickeln."
Dr. Gero Karthaus, Bürgermeister der Gemeinde Engelskirchen und Sprecher der Oberbergischen Bürgermeister, vertrat die kommunalen Waldbesitzer und legte die Sonderfunktion dar, die der Wald in den Städten und Gemeinden hat: "Kommunale Waldbesitzer können neben der Wirtschaftlichkeit die anderen Waldfunktionen, wie zum Beispiel den Naturschutz in den Vordergrund ihrer Waldentwicklung stellen. Wir erhoffen uns einen Wald, der in 50 Jahren neben seinen ökologischen Funktionen auch noch Möglichkeiten zur Erholung bietet."

Auch die Vertreterin der Naturschutzverbände Christine Meyer-Cords (NABU-Oberberg) ging davon aus, "dass der Wald - ökologisch betrachtet - in 50 Jahren wertvoller sein wird." Das setze allerdings voraus, dass "Dürrständer nicht abgeräumt werden und die Naturverjüngung Raum erhält. Wir brauchen vielfältige Wälder mit vielen Laubbäumen, ohne Fremdländer." Aus ökonomischer Sicht sei es wichtig wertvolles Holz, wie Bau- und Möbelholz, zu erzeugen.
Manfred Kind, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Oberberg, forderte ein Waldkonzept, in das auch die Lebensraumansprüche der heimischen Wildtiere einbezogen werden. "Mehr Spaziergänger, Wanderer, Hunde und Crossbiker im Wald verursachen Stress beim Wild. Es braucht Ruhezonen. Der Wald muss sich entwickeln können, aber das Wild gehört zum Wald." Manfred Kind will daher den Kontakt zwischen Waldbesitzern und Jägern intensivieren, damit der Wildbestand lokal und individuell angepasst werden kann.
Als Vertreter des Landesbetriebes Wald und Holz setzte sich Kay Boenig für klimastabile Mischwälder ein. Auch er betonte, dass es wichtig sei, dass der Wald weiterhin "multifunktional genutzt wird". Er empfahl einen schonenden Umgang mit den Schadflächen, "Kleinstrukturen auf den Flächen zu belassen, keine vollflächigen Räumungen und die Wiederbewaldung mit mindestens vier standortgerechten Baumarten unter Einbeziehung von Pionierbaumarten und natürlicher Verjüngung. Er gab zu bedenken, dass im Klimawandel auch der Naturschutz seine waldbezogenen Zielsetzungen anpassen müsse."

Naturverjüngung aus Laub- und Nadelgehölzen unter stehengelassenen Fichten-Dürrständern – eine naturnahe Möglichkeit der Wiederbewaldung. (Foto: OBK)
Naturverjüngung aus Laub- und Nadelgehölzen unter stehengelassenen Fichten-Dürrständern – eine naturnahe Möglichkeit der Wiederbewaldung. (Foto: OBK)

Ergänzend dazu sagte Dr. Bernd Freymann, Biologische Station Oberberg, dass die Wahl der Baumarten passend für den jeweiligen Standort erfolgen müsse. Dabei sollten bevorzugt heimische Baumarten eingesetzt werden, vor allem in den Naturschutzgebieten. "Denn mit der Veränderung des Waldes verändert sich auch das Verbreitungsmuster von Vögeln und Insekten".
"Schon jetzt haben viele Vögel die Freiflächen erobert", ergänzte Heinz Kowalski, Vorsitzender des Naturschutzbeirates. Das Ökosystem Wald sei "eben nicht nur Holzproduktion". Er lobte die "vorbildliche Weiterentwicklung des Kreiswaldes" und betonte die emotionale Bedeutung der Zukunftssicherung des Waldes: "Die Menschen im Oberbergischen brauchen Orientierung wie es mit dem heimischen Wald weitergeht."

Modellprojekt zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz

Nach der Konferenz scheinen die Positionen der unterschiedlichen Akteure nicht unüberbrückbar weit auseinander zu liegen. Daher gründet sich jetzt ein Arbeitskreis als Modellprojekt zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz - analog zu der Modellregion "Landwirtschaft und Naturschutz" im Oberbergischen Kreis, die sich bereits als erfolgreich erwiesen hat. Zwischen Waldbesitzern und Naturschützern sollen so Vereinbarungen erarbeitet werden, welche gemeinsame Ziele benennen. "Wir wollen Lösungsansätze finden - zur Verbesserung der Waldsituation sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht", stellte Landrat Jochen Hagt zum Abschluss der Veranstaltung in Aussicht und ergänzte: „Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird!“ Weitere Informationen auf www.obk.de/kuno und www.obk.de/waldtagung.



Letzte Änderung: 20. Mai 2021