Marianne Roetzel

Marianne Roetzel
geb. in Waldbröl
lebt in Köln

 

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Sitzende

Marianne Roetzel  "Sitzende"

Sitzende
1991
Gips
H. 105 cm/B. 35 cm/T. 50 cm

Ausstellungsort
Kreishaus, Erdgeschoss Foyer

Bildtext

Eine weibliche Skulptur – ohne Gesichtszüge und Arme, mit rauer Oberfläche und kahlem Schädel – sitzt auf einer groben Bank. Die (Un-)Farbigkeit von Skulptur und Bank liegt zwischen Grau und Braun und ist nicht genauer definierbar.

 

Stehende

Marianne Rotzel "Stehende"

Stehende
1991
Holz
H. 90 cm/B. 15 cm/T. 20 cm

Ausstellungsort
Kreishaus, 2. Obergeschoss, Wartebereich

Bildtext

Die aus Holz gearbeitete weibliche Skulptur mit nur angedeuteten Gesichtszügen und ohne Arme scheint im Gehen begriffen zu sein. Ihre Füße finden Halt auf einem Podest aus gleichem Material. Das glatt bearbeitete rot-bräunliche Holz übt haptischen Reiz aus. Man würde gern mit der Hand über das Holz fahren, das tiefe Risse und Spuren von Holzwürmern aufweist.


Bildanalyse

Bei der Betrachtung dieser offenbar weiblichen Skulpturen von Marianne Roetzel aus dem Jahr 1991 könnte man sich zunächst die Frage stellen, was die Künstlerin alles nicht darstellt: Man erkennt keine individuellen Gesichtszüge, keine Frisuren oder gar Haarfarben. Die Kleider der Figuren werden nicht näher beschrieben. Es gibt keine auf die Figur bezogene Binnenstruktur, keine Falten oder dergleichen. Die Künstlerin unterscheidet bei der Ausgestaltung nicht zwischen menschlichem Körper und Kleidern. Auf Farbe als Gestaltungsmittel wird ebenfalls verzichtet. Nicht einmal Arme hat die Künstlerin ihren Figuren gegeben!

In der Bildhauerei ist die Darstellung von Torsi, also das Weglassen von Kopf, Armen und/oder Beinen bei menschlichen Skulpturen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts üblich. Damals wurden die Bildhauer durch Funde beschädigter antiker Skulpturen inspiriert. Warum stellen Künstler diesen Zustand absichtlich her? Durch das Fehlen von Extremitäten ergeben sich geschlossenere Flächen, auf deren Formgebung sich die Bildhauer konzentrieren, die sie gewissenhaft bearbeiten und betonen können. So beschäftigen sie sich mit den Bedingungen und Charakteristika des menschlichen Körpers und durch die Reduktion gleichzeitig mit abstrakten Formen und dem Grenzbereich zwischen beidem.

Aber es gibt einen noch wichtigeren Grund für die Künstlerin, bei der Beschreibung der Figuren sparsam und neutral zu bleiben: Es geht gar nicht um bestimmte Figuren oder Personen, sondern um die Darstellung bestimmter Situationen!

Durch die verbindende künstlerische Handschrift überwiegt bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck großer Ähnlichkeit zwischen den beiden Skulpturen von Marianne Roetzel. Bei genauerer Untersuchung fallen aber deutliche Unterschiede auf: Die Ungleichheiten liegen vor allem im Material und dessen Eigenschaften. Die Stehende (eigentlich Schreitende) wurde aus einem Holz gearbeitet, das schon von sich aus Lebendigkeit und „Eigenleben“ mitbrachte, das in der Maserung, groben Rissen und Holzwürmern besteht (die Würmer „arbeiten“ noch an der Skulptur!). Manche intensiv bearbeitete Stellen an der Plastik erinnern an Handschmeichler.

Die Sitzende wiederum wurde scheinbar grob aus „totem“, rauen Material „zusammengespachtelt“. Obwohl der flache, relativ abstrahierte Oberkörper leblos wirkt, strahlen Schoß und Oberschenkel der Plastik trotzdem Wärme und Lebendigkeit aus. Es bleibt das Geheimnis der Künstlerin, ob die anrührende Ausstrahlung der Figuren durch die zurückhaltende Gestik der Figuren erzeugt wird. Jedenfalls muss es an einem besonderen Kunstgriff liegen, dass die Figuren den Betrachter trotz (oder wegen?) ihrer sparsamen Ausgestaltung recht schnell emotional berühren.

Marianne Roetzel setzt sich seit 1978 künstlerisch mit der menschlichen Figur auseinander. Wie bei vielen Künstlern führte die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema immer weiter zu Reduktion und Verknappung.

Die Künstlerin hat vielfältige Erfahrungen in Asien gesammelt. Unter anderem hat sie in Japan studiert und dort auch selbst gelehrt. Bevor sie eine langjährige Lehrtätigkeit für Bildhauerei an der Uni Siegen aufnahm, war sie kurzzeitig Lehrbeauftragte an der Kunstakademie Düsseldorf.

 



Letzte Änderung: 07. Juli 2010