31.05.2006: Wo drückt den Oberbergischen Kreis der Schuh?

Landrat informiert Hauptgeschäftsführer des Landkreistages NRW

Oberbergischer Kreis. Die katastrophale Finanzsituation des Oberbergischen Kreises durch Hartz IV, die Auswirkungen durch die Änderungen des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder, die ersten Erfahrungen mit der Polizeireform und eine Reihe anderer Themen diskutierten Landrat Hagen Jobi und die Dezernenten der Kreisverwaltung am gestrigen Dienstag mit dem Hauptgeschäftsführer des Landkreistages NRW, Dr. Martin Klein. Seit seinem Amtsantritt im Oktober 2005 besuchte Klein zum ersten Mal einen der 31 Kreise Nordrhein-Westfalens zu einem  Gespräch mit der Verwaltungsspitze.

Der Landkreistag NRW vertritt die Interessen von 10,7 Millionen Einwohnern im ländlichen Raum. 18 Millionen Einwohner leben insgesamt in Nordrhein-Westfalen. Als Interessensvertreter für die Kreise, bat Landrat Hagen Jobi seinen Gast um Unterstützung in Sachen Hartz IV.

Kreiskämmerer Werner Krüger schilderte Klein die „desaströse Situation des Oberbergischen Kreises und seiner Kommunen“. Krüger: „Für uns ist es lebensnotwendig, dass wir Hartz IV kostenneutral im Haushalt veranschlagen können.“ 2005 sei der Kreis auf vier Millionen Euro sitzen geblieben, 2006 werden es eventuell sechs bis sieben Millionen Euro sein. „Wenn wir aufgrund der Kosten, die durch Hartz IV verursacht werden, die Kreisumlage zusätzlich erhöhen müssen, dann können unsere Rathäuser zusperren“, sagte Krüger. Dr. Klein pflichtete Kämmerer und Landrat bei, dass auch er auf die von Ex-Kanzler Gerhard Schröder versprochenen 2,5 Milliarden Euro Entlastung durch Hartz IV noch warte. Während vor allem die Großstädte durch Hartz IV Gewinne machten, sei der ländliche Raum der Verlierer. „Es kann ruhig Gewinner geben, wenn es keine Verlierer gibt“, sagte Jobi. Da das Land durch Hartz IV in erheblichem Umfang Wohngeld einspart, fordert der Oberbergische Kreis in Übereinstimmung mit dem Landkreistag einen Ausgleich für die belasteten Kreise. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf werde in Düsseldorf am 14. Juni entschieden, berichtete Dr. Klein.

Sorgenfalten zeichneten sich nicht nur auf der Stirn des Kreiskämmerers ab, sondern auch auf der des Gesundheits- und Sozialdezernenten. Dr. Jorg Nürmberger berichtete von den Existenznöten der Erziehungsberatungsstellen im Kreisgebiet. „Die beiden freien Träger fordern vom Kreis, für ausfallende Landeszuschüsse einzuspringen“, berichtete Nürmberger.

Weitere Löcher im Kreishaushalt verursacht der am 17. Mai vom Land abgeschaffte Elterndefizitausgleich, der unter anderem ausfallende Elternbeiträge in Kindergärten ausglich. „Weil das Land den Ausgleich nicht mehr zahlt, bleiben am Kreis Kosten in Höhe einer halben Million Euro hängen“, sagte Sozialdezernent Dr. Nürmberger. Der Kreis als Träger der Jugendhilfe sowie die Städte Wiehl, Gummersbach, Wipperfürth und Radevormwald, die ein eigenes Jugendamt haben, müssen zudem ab 1. August eigene Gebührensatzungen für ihre Kindergärten erlassen, sollte die geplante Änderung im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Kraft treten. „Ich befürchte dann Kindergarten-Tourismus im Kreis“, sagte Nürmberger, „weil starke Kommunen geringere Beiträge festsetzen werden als schwächere“. Er bat den Landkreistag darum,  eine solche Gesetzesänderung nach Kräften zu verhindern.

Erste positive Erfahrungen konnte Landrat Jobi von der jüngst gestarteten Polizeireform im Oberbergischen Kreis schildern. Dr. Klein zeigte großes Interesse an den Resultaten der Polizeireform. Dr. Klein: „Die Reform, die in vier Kreisen in NRW fundiert ausprobiert wird, ist eine Chance.“

Das Foto zeigt von links nach rechts Landrat Hagen Jobi, Dr. Martin Klein und den Allgemeinen Vertreter des Landrates, Jochen Hagt, während der Eintragung von Dr. Klein in das Gästebuch des Oberbergischen Kreises im Kreishaus
(v.l.n.r.) Landrat Hagen Jobi, Dr. Martin Klein und
der Allgemeine Vertreter des Landrates, Jochen Hagt,
bei der Eintragung von Dr. Klein in das Gästebuch des Oberbergischen Kreises

Nachdem sich der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages vor allem mit den Problemen im Oberbergischen Kreis beschäftigt hatte, konnte er vom Dach des Kreishauses einen Blick auf das bedeutenste Regionale 2010-Projekt im Kreis werfen. Er sah sich aus luftiger Höhe das Steinmüller-Gelände mit der Baustelle der Fachhochschule Köln/Campus Gummersbach an.


Letzte Änderung: 31. Mai 2006