28.08.2006: Vom Haschisch-Rausch in die Psychose

Kreis, Psychiatrie und Arbeitskreis Drogenhilfe warnen vor Cannabiskonsum

Oberbergischer Kreis.  Mit Alkohol und Tabak geht es los. Die Einstiegsdroge Zigarette verführt laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation rund ein Viertel aller 15jährigen Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen dazu, den Tabak einmal mit Cannabisprodukten wie Haschisch und Marihuana zu vermischen. „Bis zum 17. Lebensjahr haben über 70 Prozent aller Jugendlichen Cannabis probiert“, nennt Dr. Peter Melchers, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Kreiskrankenhaus Gummersbach, noch erschreckendere Zahlen. Immer mehr dieser Jugendlichen bleiben nicht beim einmaligen Probieren, sondern konsumieren Cannabis regelmäßig und landen im schlimmsten Fall mit einer schweren Psychose in der Psychiatrie. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse veranlassen den Arbeitskreis Drogenhilfe und die Fachstelle für Suchtvorbeugung die Gefahren von Cannabiskonsum zum Thema in der Sitzung des Kreisgesundheitsausschusses am Mittwoch zu machen.

Dr. Ralph Krolewski vom Arbeitskreis Drogenhilfe im Oberbergischen Kreis und Dr. Peter Melchers kennen aus ihrer täglichen Arbeit die schweren gesundheitlichen Folgen jahrelangen Kiffens. „Allein im vergangenen halben Jahr hatte ich drei Jugendliche in meiner Praxis, die aufgrund von Cannabiskonsum unter schweren Psychosen leiden“, berichtet der Gummersbacher Suchtmediziner Krolewski. Monatelange Behandlungen seien notwendig, um den Jugendlichen zu helfen, Angstzustände, Halluzinationen, Antriebslosigkeit und andere Veränderungen der Persönlichkeit wieder loszuwerden.

„Durch Züchtungen ist die Konzentration eines Wirkstoffes in Cannabisprodukten um das Fünffache angestiegen“, erklärt Dr. Peter Melchers. „Das hat zu Folge, dass der Rauschstoffspiegel im Nervensystem höher ist und dadurch heute leider viel mehr Psychosen ausgelöst werden.“ Diese Erkenntnisse habe neben anderen Dr. Franz Markus Leweke von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uni Köln wissenschaftlich belegt und 2004 veröffentlicht.

Gerade Jugendliche seien besonders empfindlich, so Melchers. Seine Patienten konsumieren nicht nur Haschisch oder Marihuana sondern auch Amphetamine, Ecstasy und Alkohol. „Mit dieser wilden Mischung machen die Jugendlichen aus ihrem Gehirn einen Fußball, der immer wieder in eine andere Ecke getreten wird“, sagt Dr. Melchers. Zwischen zwölf und 20 Jahre sind die Patienten von Dr. Melchers, die von Cannabis abhängig sind. „Und es werden immer mehr.“

Daher engagiert sich der Chefarzt in Zusammenarbeit mit der Fachstelle für Suchtvorbeugung des Kreisgesundheitsamtes in der Prävention. „Cannabis war in den vergangenen zwei Jahren Schwerpunktthema der Suchtvorbeugung“, sagt Kreisgesundheitsdezernent Dr. Jorg Nürmberger. Gemeinsam mit Dr. Melchers habe Karin Keller von der Fachstelle Fortbildungen für Lehrer, Mitarbeiter des Jugendamtes, Ärzte und Therapeuten sowie Info-Veranstaltungen für Schüler durchgeführt. Die Fortbildungen werden weiterhin angeboten, versichern Dr. Nürmberger und Dr. Melchers. „Es gibt noch einen gewaltigen Nachholbedarf, denn viele, die vor 20 oder 30 Jahren selbst mal auf einer Fete gekifft haben, unterschätzen die Folgen, die Haschisch und Marihuana in ihrer heutigen Zusammensetzung auslösen“, sagt Dr. Nürmberger.  Die gemeinsame Präventionsarbeit sei der Versuch, so Dr. Melchers, das Schlimmste zu verhindern.

Wer Fragen rund um das Thema Cannabis hat, kann sich an Karin Keller von der Fachstelle für Suchtvorbeugung wenden, Telefon: 02261/88-5348 oder 02261/88-5333.


Letzte Änderung: 28. August 2006