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19.06.2012: AGewiS gibt Einblicke in internationale Pflegesysteme
Alternativen und Ideen aus internationalen Pflegeeinrichtungen - Die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren des Kreises (AGewiS) vermittelt Teilnehmenden interessante Einblicke durch Praktika und Hospitationen im Ausland
Oberbergischer Kreis. Ein Altenheim in England verfügt über einen eigenen Pub. Eine spanische Stadt verzichtet komplett auf Seniorenheime und bietet ungewöhnliche Alternativen an. Das Gesundheitswesen in Alaska stellt Pflegepersonal und Ärzte gleich … - solche ungewöhnlichen Einblicke in alternative Pflegesysteme bietet die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren (AGewiS) des Oberbergischen Kreises inzwischen regelmäßig an. Die Akademie in Gummersbach hat in den vergangenen Jahren interessante Kontakte ins Ausland aufgebaut, von denen Studierende und Weiterbildungsteilnehmende profitieren.
"Das Thema Internationalisierung wird in der Altenpflege immer wichtiger", sagt die Leiterin der AGewiS, Ursula Kriesten. "Altenpflege in Deutschland ist ein Exportartikel geworden. Dennoch wollen wir uns über andere Pflegestrukturen informieren, ihre Vor- und Nachteile untersuchen und schauen, ob wir gute Ideen aus dem Ausland übernehmen können."
Mehr als 300 Teilnehmende der AGewiS haben bislang ausländische Pflegeeinrichtungen besucht und schildern ihre Eindrücke.
Oliver Fuchs aus Engelskirchen hat in einer Weiterbildung für den Pflegedienst, eine Einrichtung in Alaska besucht. Ihm sei aufgefallen, wie individuell die Bewohner dort betreut werden. Auch die kurzen Wege, Pflegedienst und Krankengymnastik unter einem Dach, bei hervorragender Austattung, habe er so nicht erwartet, sagt Oliver Fuchs. Immerhin liege die Pflegeeinrichtung im Süden Alaskas, 400 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt.
"Flache Hierarchien" hat Herbert Müller in einem Pflegezentrum in Barcelona festgestellt. Der Projektleiter der AGewiS organisiert Managementkurse. "Das komplette Personal hat dort eine Einheit gebildet - ob Arzt, Psychologe, Therapeut oder Pflegekraft - alle waren gleichermaßen eingebunden, wenn es darum ging, Entscheidungen für den Patienten zu treffen." Diese seien sehr schnell und effizient umgesetzt worden, sagt Herbert Müller. Besonders beeindruckt habe ihn, mit welch einfachen Mitteln Therapieangebote geschaffen wurden, beispielsweise durch eine selbstentwickelte Apparatur, mit der die Bewohner jedes Gelenk individuell trainieren können. "Da wurde sehr zielgenau und eigenständig agiert", sagt Müller nach seinem Besuch dieser spanischen Pflegeeinrichtung. Eine Idee daraus wird im August dieses Jahres in der AgewiS umgesetzt, wie Ursula Kriesten, die Leiterin der Akademie, erklärt. Im Sommer beginnt dieser Kurs "Alltagsbewegungen für Senioren". Darin lernen alte Menschen unter anderem, wie sie der erhöhten Gefahr zu stürzen, gezielt vorbeugen.
Von einem "sehr intensiven Betreuungsangebot", berichtet auch Siegfried Charlier. Der AGewiS-Projektleiter für Gerontopsychiatrische Fachpflege hat die Niederlande bereist. Er hat in Emmen eine Pflegeeinrichtung für Demenzkranke besucht. "25 Pflegekräfte betreuen dort 31 Bewohner, die in einer geschlossenen Wohneinheit zusammen leben", sagt Siegfried Charlier. Innerhalb der Einrichtung gibt es einen Supermarkt, einen Blumenladen und eine Kneipe, die täglich um 10:00 Uhr öffnet. "Die Bewohner dort beziehen, wie alle Holländer, eine Einheitsrente von 1.500 Euro. Trotz hoher Kosten der Pflegeeinrichtung, behalten die Bewohner 700 Euro Taschengeld für sich, um die Angebote nutzen zu können." So würden die Bewohner in ein sehr aktives Leben eingebunden, auch durch das zusätzliche Angebot durch rund 30 hausinterne Vereine.
Markus Schneider-Seipp hat eine Studienreise nach Eastborn, zu einem Pflegeheim an der Südküste Englands, mitorganisiert. Den Weiterbildungsteilnehmer hat dort die individuelle Gestaltung der Wohnräume begeistert. "Ein Raumaustatter richtet die Zimmer nach den jeweiligen Wünschen ihrer Bewohner ein." Die Finanzierung von Heimplätzen werde in England ausschließlich privat organisiert. "Es gibt viele Einrichtungen, die gezielt Spenden sammeln und dadurch auch sehr viele Fördertöpfe." Auffallend sei auch die hohe Zahl vieler kleiner Seniorenheime, die über eine hohe Anzahl von Pflegekräften verfügen. "Während in Deutschland immer noch 12-Tage-Dienste die Regel sind, arbeitet das Pflegepersonal dort ausschließlich in einer 5-Tage-Woche", sagt Markus Schneider-Seipp. Die dort gängige Praxis, eine offene Bewertung der Einrichtung schon am Eingang kenntlich zu machen, wäre auch in Deutschland vorstellbar, sagt AGewiS-Leiterin Ursula Kriesten.
Über das große Interesse an den Weiterbildungsangeboten der AgewiS freut sich auch Rainer Ochel. Er leitet das Amt für Studium und Weiterbildung des Kreises, dem die AGewiS unterstellt ist. Rainer Ochel betont, dass es bei den Weiterbildungsangeboten im Ausland nicht allein um das Aufzeigen guter Ideen und Alternativen gehe. Vielmehr bleibe die Internationalisierung von Pflege im Zentrum, sagt auch Ursula Kriesten. Nur mit Änderungen im System könne Deutschland verhindern, hinter die Standards angrenzender Länder zurück zu fallen. Davon wäre dann auch die Ausbildung von Fachkräften nachteilig betroffen.
Informationen zum Weiterbildungsangebot der Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren erhalten Sie unter www.agewis.de.
Letzte Änderung: 19. Juni 2012