Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 16.10.2020 für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Einrichtungsleitung der Pflegeeinrichtung Haus Hohenfels in Engelskirchen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Öffentliche Bekanntmachung

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Ö F F E N T L I C H E   B E K A N N T M A C H U N G

Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 16.10.2020 für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Einrichtungsleitung der Pflegeeinrichtung Haus Hohenfels in Engelskirchen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Gemäß §§ 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 und 30 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) wird zur Verhütung der Weiterverbreitung und Bekämpfung von SARS-CoV-2 Virus-Infektionen folgende Allgemeinverfügung erlassen:

  1. Die Bewohnerinnen und Bewohner der psychiatrischen Pflegeeinrichtung für Erwachsene „Haus Hohenfels“, Olpener Straße 18 in 51766 Engelskirchen werden für die Geltungsdauer dieser Allgemeinverfügung verpflichtet, sich in den Räumlichkeiten der Pflegeeinrichtung oder auf dem dazugehörigen abgegrenzten Außenbereich ununterbrochen aufzuhalten.
     
  2. Die unter Ziffer 1 genannten Personen haben nicht notwendige physische Kontakte zu anderen Personen sowie – soweit möglich – auch untereinander zu unterlassen. Zudem haben sie einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, es sei denn, das Tragen ist mit dem Gesundheitszustand oder anderen Aktivitäten unvereinbar, insbesondere mit der Nahrungsaufnahme oder dem Schlafen.
     
  3. Die unter Ziffer 1 genannten Personen werden weiterhin verpflichtet, sich einer ärztlichen Beobachtung durch das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises zu unterziehen; dazu gehört die Symptomabfrage durch das Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises trifft aufgrund der Untersuchungsergebnisse die notwendigen weiteren Maßnahmen.

    Sie sind ferner verpflichtet, sich zweimal täglich die Körpertemperatur zu messen und die Ergebnisse zu dokumentieren.

    Falls Fieber über 38°C und/oder folgende Beschwerden

    • Verlust bzw. Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmackssinns
    • grippale Symptome (erhöhte Temperatur, Unwohlsein, Gliederschmerzen)
    • plötzlich auftretendes, schnell steigendes, hohes Fieber (über 38 °C)
    • Halsentzündung mit Kratzen, Husten und Heiserkeit
    • Atemprobleme
    • Kopfschmerzen
    • Infekt der unteren Luftwege (Husten/Lungenentzündung) ohne vorherigen Infekt der oberen Luftwege (Halsschmerzen oder ähnliches)
    • Entzündung beider Lungenflügel
    • in einzelnen Fällen auch eine Durchfallerkrankung

      auftreten sollten, besteht die Verpflichtung, unverzüglich das Gesundheitsamt zu informieren.
       
  4. Etwaige Ausnahmen der unter den Ziffern 1 bis 3 angeordneten Maßnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Gesundheitsamtes des Oberbergischen Kreises.
     
  5. Wenn die unter Ziffer 1 genannten Personen geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, hat derjenige für die Erfüllung der genannten Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft die Betreuerin oder den Betreuer einer von den Verpflichtungen betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu dem Aufgabenkreis der Betreuung gehört.
     
  6. Die Leitung der Pflegeeinrichtung wird verpflichtet, jede nicht lediglich innerhalb der unter Ziffer 1 genannten Räumlichkeiten erfolgende Verlegung der dort untergebrachten Bewohnerinnen und Bewohnern, insbesondere eine Krankenhauseinlieferung oder eine Krankenhausrückkehr, sowie den Tod von Bewohnerinnen und Bewohnern dem Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises unverzüglich zu melden. Neue Bewohnerinnen oder Bewohner dürfen ohne die vorherige Zustimmung des Gesundheitsamtes nicht in die Pflegeeinrichtung aufgenommen werden. Eine vorherige Zustimmung des Gesundheitsamtes ist auch für den Einsatz neuen Personals der Pflegeeinrichtung einzuholen.
     
  7. Die vorstehenden Anordnungen sind sofort vollziehbar.
     
  8. Diese Allgemeinverfügung tritt mit sofortiger in Kraft und mit Ablauf des 27.10.2020 außer Kraft.


Begründung:
 

Allgemein:
Meine Befugnis als untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) zur Anordnung dieser Maßnahmen ergibt sich gemäß §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 7 Satz 1, 2 Nr. 14 IfSG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) aus Gründen der Eilbedürftigkeit sowie der unmittelbaren Gefahrenabwehr. Vor dem Hintergrund der in der psychiatrischen Pflegeeinrichtung für Erwachsene „Haus Hohenfels“, Olpener Straße 18 in 51766 Engelskirchen aufgetretenen COVID-19-Infektion (SARS-CoV-2) und der damit verbundenen drohenden Weiterverbreitung ist Gefahr im Verzug gegeben. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass sich der Erreger ohne die unverzügliche Einleitung von geeigneten Gegenmaßnahmen rasant ausbreitet und eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung, insbesondere für die zu der Risikogruppe gehörenden älteren und vorerkrankten Menschen, darstellt.


Zu 1.:

Die Anordnung, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner der psychiatrischen Pflegeeinrichtung für Erwachsene „Haus Hohenfels“, Olpener Straße 18 in 51766 Engelskirchen für die Gültigkeitsdauer der Allgemeinverfügung in den in den Räumlichkeiten der Pflegeeinrichtung oder auf dem Freigelände aufhalten müssen, stützt sich auf §§ 28 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz und 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Nach diesen Vorschriften können Personen, namentlich Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider, verpflichtet werden, den Ort, an dem Sie sich befinden, nicht zu verlassen, bis die nötigen Schutzmaßnahmen durchgeführt sind. Unter anderem kann ihnen gegenüber angeordnet werden, dass sie in geeigneter Weise abgesondert werden.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtung Haus Hohenfels sind allesamt ansteckungsverdächtig im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG. So ist eine Person aus dem Beschäftigtenkreis der Pflegeinrichtung positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet worden. Diese Person hatte einen engen physischen Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung. Aus diesem Grund sind auch zeitnah Testungen vorgesehen, da davon auszugehen ist, dass auch Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Coronavirus infiziert worden sind.

Eine Absonderung der Personen der Pflegeeinrichtung Haus Hohenfels ist geboten, damit eine Übertragung von Krankheitserregern auf andere Personen, insbesondere auf Personen des nahen Wohnumfeldes, so gering wie möglich gehalten wird. Die notwendigen Maßnahmen gegenüber dem betroffenen Personal der Pflegeeinrichtung ergehen durch separate Ordnungsverfügungen.

Gegenüber einer Krankenhausquarantäne ist der auferlegte Aufenthalt in der gewohnten Umgebung der Pflegeeinrichtung das ersichtlich mildere der geeigneten Mittel.

Für den Fall, dass dieser angeordneten Absonderung nicht Folge geleistet wird, kann gemäß § 30 Abs. 2 IfSG zwangsweise eine Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses angeordnet werden.


Zu 2. und 3.:

Die in den Ziffern 2 bis 3 des Tenors dieser Allgemeinverfügung angeordneten Maßnahmen ergehen auf der Rechtsgrundlage der §§ 28 Abs. 1 i.V.m. 29 Abs. 1 und 2 IfSG.

Werden gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen. Diese Personen können insbesondere gemäß § 29 Abs. 1 IfSG einer Beobachtung unterworfen werden, haben den Anordnungen des Gesundheitsamtes Folge zu leisten und auf Verlangen über alle den Gesundheitszustand betreffenden Umstände Auskunft zu geben.

Die Anordnung, nicht notwendige physische Kontakte zu anderen Personen zu unterlassen, dient gleichermaßen dem Schutz der übrigen Bewohnerinnen und Bewohner sowie des Personals der Pflegeeinrichtung wie die Verpflichtung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Die in Ziffer 3 angeordnete Beobachtung ist erforderlich, um den Infektionsverlauf kontrollieren zu können und unverzüglich weitere notwendige und geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung sind eine regelmäßige Überprüfung auf die typischen Symptome einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 sowie Meldungen bei entsprechend festgestellten Symptomen erforderlich.

Die Maßnahmen stellen den verhältnismäßig geringsten geeigneten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen dar. Sie sind jedenfalls erforderlich, um das notwendige Maß des Infektionsschutzes gewährleisten zu können.

Zu 4.:

Durch die Möglichkeit, für bestimmte Fallkonstellationen eine Ausnahmeregelung zu treffen, wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen.


Zu 5.:

Die Verpflichtung, dass die Personensorgeberechtigten bzw. die Betreuerinnen und Betreuer für die Einhaltung der Anordnungen dieser Allgemeinverfügung zu sorgen haben, ergibt sich aus §§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 5 IfSG.

 
Zu 6.:

Der Gesundheitszustand der Bewohnerinnen und Bewohner kann es erforderlich machen, dass trotz der angeordneten Absonderung eine Verlegung aus dem oder in den Absonderungsbereich geboten ist, insbesondere für eine oder nach einer Heilbehandlung. Gleiches gilt für den Abtransport eines Leichnams. Da damit grundsätzlich neue Infektionsgefahren verbunden sind, ist eine unverzügliche Mitteilung durch die Leitung der Pflegeeinrichtung an das Gesundheitsamt erforderlich. Diese Mitteilung kann von den betroffenen Personen selbst nicht bzw. nicht rechtzeitig erlangt werden. Aus diesem Grund ist die Leitung der Pflegeeinrichtung als dritte Person gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 IfSG in entsprechender Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 IfSG zur Auskunft verpflichtet. Diese Regelungen ermächtigt das Gesundheitsamt zur Einforderung der benötigten Informationen, insbesondere über Art, Ursache, Ansteckungsquelle und Ausbreitung der Krankheit.

Die Aufnahme von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern steht der unter Ziffer 1 angeordneten Absonderung grundsätzlich entgegen. Ob dennoch eine Neuaufnahme im Hinblick auf die Infektionsgefahr vertretbar ist und unter welchen Voraussetzungen diese erfolgen kann, liegt in der Entscheidungskompetenz des Gesundheitsamtes. Entsprechendes gilt für den Einsatz neuen Personals der Pflegeeinrichtung.

Zu 8.:

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.
 

Zu 9.:

Die Gültigkeit dieser Allgemeinverfügung bis zum 27.10.2020 ist im Hinblick auf die Inkubationszeit des SARS-CoV-2-Erregers von bis zu 14 Tagen seit dem letzten relevanten Kontakt erforderlich, damit eine Weiterverbreitung der Infektion ausgeschlossen werden kann. Der letzte relevante Kontakt war am 13.10.2020. Sofern weitere Personen aus der Pflegeeinrichtung positiv auf das Coronavirus getestet werden, wird die Gültigkeitsdauer unter Berücksichtigung der zeitversetzten Ansteckungszeitpunkte angepasst.


Hinweis:
Zuwiderhandlungen gegen Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG dar, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000,00 € geahndet werden kann. Wer die Zuwiderhandlung vorsätzlich begeht und dadurch den SARS-CoV-2-Erreger verbreitet, begeht gemäß § 74 IfSG eine Straftat und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Hinweis auf bestehende Rechte:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln schriftlich einzulegen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu erklären.


Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden.


Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) vom 24.11.2017.



Weiterer Hinweis:

Die Klage hat gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung, d.h. dass die getroffenen Maßnahmen auch im Falle einer Klage zu befolgen sind. Das Verwaltungsgericht Köln kann auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen.


 
Gummersbach, 16.10.2020

Im Auftrag

gez.

Reinhard Schneider

Leiter Leitungsstab

 

Veröffentlichungsdatum: 16.10.2020