Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises zur Anordnung zusätzlicher Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 25.01.2021

Öffentliche Bekanntmachung

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Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises zur Anordnung zusätzlicher Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 25.01.2021

Gemäß §§ 28 Absatz 1 und 28a Absatz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), §§ 16 Absatz 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 und 17 Absatz 1 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 07.01.2021 in der ab dem 25. Januar 2021 gültigen Fassung sowie § 3 Absatz 2 Nr. 1 und Absatz 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung besonderer Handlungsbefugnisse im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler oder landesweiter Tragweite und zur Festlegung der Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (Infektionsschutz- und Befugnisgesetz - IfSBG-NRW) vom 14. April 2020 in der jeweils geltenden Fassung wird im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) zur Verhütung der Weiterverbreitung und Bekämpfung von SARS-CoV-2 Virus-Infektionen folgende Allgemeinverfügung erlassen:



1. Der gemeinsame Aufenthalt in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken ist nur gestattet

a) mit den Angehörigen des eigenen Hausstands sowie

b) zusätzlich mit einer Person eines anderen Hausstands, die von zu betreuenden Kindern aus ihrem Hausstand begleitet werden kann.

Die Regelung findet keine Anwendung bei der Wahrnehmung eines Sorge- und Umgangsrechts sowie bei der Begleitung Sterbender. Des Weiteren gilt dies nicht für berufliche und dienstliche Tätigkeiten sowie für ehrenamtliche Tätigkeiten in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist.


2. Diese Allgemeinverfügung tritt am 26. Januar 2021 um 0:00 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 01. Februar 2021 außer Kraft. Sie ist sofort vollziehbar.



Begründung:

Allgemein:


Ermächtigungsgrundlage für die Allgemeinverfügung sind §§ 28 Absatz 1 und 28a Absatz 1 IfSG i.V.m. 16 Absatz 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 CoronaSchVO.

Zuständige Behörde im Sinne der §§ 28 Absatz 1 und 28a Absatz 1 IfSG ist gemäß § 3 Absatz 2 Nr. 1 und Absatz 3 Nr. 1 IfSBG-NRW das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises, da mit dieser Allgemeinverfügung Anordnungen für den Bereich mehrerer örtlicher Ordnungsbehörden erlassen werden und der Erlass der Allgemeinverfügung durch den Oberbergischen Kreis aus Gründen der unmittelbaren Gefahrenabwehr geboten erscheint.

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft gemäß
§ 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Absatz 1 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits mit der Coronaschutzverordnung vom 07. Januar 2021 auf der Grundlage von § 32 IfSG weitreichende Schutzmaßnahmen angeordnet, da sich in der Bundesrepublik Deutschland das Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) besorgniserregend entwickelt hat. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass sich der Erreger ohne die unverzügliche Einleitung von geeigneten Gegenmaßnahmen rasant ausbreitet und eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung, insbesondere für die zu der Risikogruppe gehörenden älteren und vorerkrankten Menschen, darstellt.

Gemäß § 16 Absatz 2 Satz 1 CoronaSchVO können Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner (7-Tages-Inzidenz) nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) über einem Wert von 200 liegt, im Einvernehmen mit dem MAGS NRW über die Coronaschutzverordnung hinausgehende zusätzliche Schutzmaßnahmen anordnen. Darüber hinaus wurde in der ab dem 25. Januar gültigen Neufassung der CoronaSchVO ein Satz 2 eingefügt, wonach dasselbe gilt, wenn die 7-Tages-Inzidenz unter dem Wert von 200 liegt, aber nach Einschätzung der zuständigen Behörden ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen ein Absinken der 7-Tages-Inzidenz auf einen Wert unter 50 für den Kreis oder die kreisfreie Stadt bis zum 14. Februar 2021 nicht zu erwarten ist.

Zwar ist die 7-Tages-Inzidenz seit dem 11. Januar 2021 erkennbar gesunken. Aktuell beträgt dieser Wert 123,1 (Stand: 25.01.2021 - 00:00 Uhr nach LZG NRW). Damit liegt der Wert nach wie vor deutlich über dem Landesdurchschnitt und ist zu hoch, um ein dauerhaftes Absinken auf einen Wert unter 50 annehmen zu können, wenn nicht weiterhin entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

Angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Neuinfizierungen wird der Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht überschritten, wenn aktuell dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Gesundheitsschutz der Bevölkerung der Vorrang vor den mit dieser Allgemeinverfügung eingeschränkten Grundrechten eingeräumt wird.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass inzwischen auch Fälle einer Virusmutation im Oberbergischen Kreis festgestellt wurden.

Erschwerend kommt hinzu, dass in zwei Krankenhäusern des Oberbergischen Kreises ein größeres Ausbruchsgeschehen zu verzeichnen ist. Damit ist die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung – nicht nur im Falle von Erkrankungen mit COVID-19 – ernsthaft beeinträchtigt.

Die vorstehenden Regelungen dienen dem Schutz der Bevölkerung vor Erkrankungen. Sie sind auch insofern erforderlich, als auch nach dem Ergebnis der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 19.01.2021 es vornehmstes Ziel zur Abwendung der Risiken, die durch die Mutation hinzugetreten sind, ist, den Rückgang des Infektionsgeschehens noch einmal deutlich zu beschleunigen. Bei einer niedrigen Reproduktionszahl wird auch die Reproduktion einer ansteckenderen Mutation stärker gehemmt.

Aus diesem Grund ordnet der Oberbergische Kreis mit dieser Allgemeinverfügung folgende zusätzliche Schutzmaßnahme an, die mit dem MAGS NRW abgestimmt sind.

Zu 1.:

Das Infektionsgeschehen ist in den vergangenen Tagen zwar rückläufig, aber nicht derart, dass die o.g. Ziele erreicht werden. Die bisherige Auswertung des Infektionsumfelds hat ergeben, dass sich kreisweit ca. 65% aller Neuinfektionen innerhalb des eigenen Hausstandes vollziehen. In manchen kreisangehörigen Kommunen liegt diese Quote sogar bei 70-80% der Ansteckungen. Zur Verminderung des Übertragungsrisikos sind die schnelle Isolierung von positiv getesteten Personen sowie die Identifikation und die frühzeitige Quarantäne enger Kontaktpersonen erforderlich. Die Unterbrechung der Infektionsketten wird durch das gesteigerte Infektionsgeschehen und die diffuse Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung zunehmend erschwert. Daher ist es notwendig, durch eine erhebliche Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen einzudämmen, um die Zahl der Neuinfektionen wieder auf einen Inzidenzwert von unter 50 zu senken. Es ist daher dringend erforderlich, alle nicht notwendigen Kontakte unbedingt zu vermeiden, so dass die Maßnahmen, die im öffentlichen Raum ohnehin seit dem 11.01.2021 in ganz Nordrhein-Westfalen gelten, im Oberbergischen Kreis weiterhin auf den privaten Raum übertragen werden.

Zu 2.:
Die Geltungsdauer der Allgemeinverfügung ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes befristet und endet mit Ablauf des 01. Februar 2021. Die bisher durch den Oberbergischen Kreis durch Allgemeinverfügung vom 23.12.2020 und 10.01.2021 ergriffenen Maßnahmen waren bislang nicht ausreichend, die Inzidenz auf einen – wenn auch nur landesdurchschnittlichen Inzidenzwert - zu reduzieren. Nach wie vor ist die 7-Tages-Inzidenz im Oberbergischen Kreis viel zu hoch.

Die auf eine Woche befristete Maßnahme soll diesem Umstand Rechnung tragen mit dem Ziel, das hohe und nach wie vor über dem Landesdurschnitt liegende Infektionsgeschehen weiter zu verringern.

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar gemäß § 28 Absatz 3 i.V.m. § 16 Absatz 8 IfSG.

Hinweis auf bestehende Rechte:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln schriftlich einzulegen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden.

Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des
elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) vom 24.11.2017.

Weiterer Hinweis:

Die Klage hat gemäß § 28 Absatz 3 i.V.m. § 16 Absatz 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung, d.h. dass die getroffenen Maßnahmen auch im Falle einer Klage zu befolgen sind. Das Verwaltungsgericht Köln kann auf Antrag gemäß § 80 Absatz 5 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen.


Hinweis auf mögliche Sanktionen:

Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen die mit dieser Allgemeinverfügung getroffenen Anordnungen stellen gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 in Verbindung mit §§ 32, 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG und § 18 Abs. 3 CoronaSchVO aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden können. Die Höhe der Geldbuße für derartige Verstöße beträgt gemäß Ziffer II des Bußgeldkatalogs zur Coronaschutzverordnung in der Regel 500,00 Euro.

Wer die Zuwiderhandlung vorsätzlich begeht und dadurch den SARS-CoV-2-Erreger verbreitet, begeht gemäß § 74 IfSG eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft wird.



Gummersbach, 25.01.2021
gez.
Jochen Hagt
Landrat

Veröffentlichungsdatum: 25.01.2021