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23.05.2021: Universitätsklinikum Bonn begutachtet oberbergisches Infektionsgeschehen
Das Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn führt eine Datenanalyse mit gutachterlicher Stellungnahme durch.
Oberbergischer Kreis. Der Oberbergische Kreis beauftragte das Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn damit, das Infektionsgeschehen im Oberbergischen Kreis genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Institut führt in nächster Zeit eine mikrogeographische Datenanalyse mit gutachterlicher Stellungnahme durch. Prof. Dr. Nico T. Mutters, Direktor des Instituts, berichtete am 19.05.2021 im Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge des Kreistags des Oberbergischen Kreises über das Projekt.
„Aktuell arbeiten wir noch mit den groben Meldedaten des Robert Koch-Instituts“, stellte Prof. Mutters zu Beginn fest und präsentierte dann eine erste makrogeographische Datenanalyse. Im Fokus seines Vortrags standen sogenannte „Peaks“. Als Zeitpunkte, während denen die 7-Tage-Inzidenz des Kreisgebiets auffällig von der des Landesdurchschnitts abwich, nannte er den Januar 2021 sowie den Mai 2021.
Der Referent stellte fest, dass während des Anstiegs zu Jahresbeginn besonders die junge Bevölkerung betroffen war und darüber hinaus auch die arbeitende Bevölkerung in den mittleren Altersklassen: „Der Oberbergische Kreis hat im Vergleich viel verarbeitendes Gewerbe. Der Anteil des produzierenden Gewerbes liegt bei 42 Prozent. Köln hat 20 Prozent. Home-Office ist in den Industriebetrieben eher nicht möglich. Auch die Pausensituation kann Ansteckungen fördern.“
Kaija Elvermann, Leiterin des Gesundheitsamtes des Oberbergischen Kreises, berichtete, dass es aktuell in sechs oberbergischen Unternehmen Ausbruchsgeschehen (mehr als zwei zusammenhängende Fälle) gibt. Der größte Ausbruch betrifft 27 Personen. Im Rahmen der Analyse durch das Universitätsklinikum Bonn soll deshalb auch die arbeitende Bevölkerung besonders betrachtet werden.
Beim zweiten Peak im Mai 2021 ist laut Prof. Dr. Nico T. Mutters neben der arbeitenden Bevölkerung auch die Bevölkerung über 80 Jahren betroffen. Trotz durchgeführter Corona-Schutzimpfungen gab es erneut Ausbruchsgeschehen in oberbergischen Pflegeeinrichtungen. Kaija Elvermann, Leiterin des Gesundheitsamtes des Oberbergischen Kreises, machte in diesem Zusammenhang auf die niedrige Durchimpfungsrate des Pflegepersonals aufmerksam. Als ein weiterer Grund für den Anstieg im Mai wurde durch Prof. Dr. Nico T. Mutters zudem die Verbreitung der ansteckenderen britischen Virusvariante genannt.
Während des Vortrags ging Prof. Dr. Nico T. Mutters auch auf die Testung der Bevölkerung ein: „Je mehr wir testen, desto mehr Betroffene finden wir und desto mehr Infektionsketten unterbrechen wir. Die Dunkelziffer sinkt. Auch die Sterblichkeitsrate sinkt.“ Er stellte fest, dass die Sterblichkeitsrate im Oberbergischen Kreis bei den Corona-Infizierten vergleichsweise niedrig sei: „Das ist ein Hinweis darauf, dass Sie viel testen und viel entdecken, Infektionsketten frühzeitig unterbrechen und die Sterblichkeitsrate in der Folge sinkt.“
Eine weitergehende Datenanalyse, bei der neben den Meldedaten des RKI auch präzisere Einzeldaten des Gesundheitsamtes betrachtet werden (Mikrogeographische Datenanalyse), soll nun unter anderem folgende Fragen klären:
- Welche Erklärungsmuster gibt es für die überdurchschnittliche Betroffenheit der 15 bis 35-Jährigen? Wie setzt sich diese Gruppe zusammen?
- Welchen Einfluss hat der im Oberbergischen Kreis besonders hohe Anteil am produzierenden Gewerbe am Infektionsgeschehen?
- Wie relevant ist die neue Mutation für das aktuelle Infektionsgeschehen?
- Warum ist bei den über 80-Jährigen ein erneuter starker Anstieg der Inzidenz in den vergangenen Wochen zu beobachten?
„Von der Analyse versprechen wir uns, spezifische Details der Infektionsausbreitung zu identifizieren, sodass wir in der Zukunft noch schneller und zielgerichteter handeln können. Gemeinsam mit den Akteuren in den 13 Städten und Gemeinden können dann infektionspräventive Maßnahmen besser ergriffen werden“, sagt die Leiterin des Gesundheitsamtes, Kaija Elvermann. So könnte eine Ausbreitung des Infektionsgeschehens z. B. über die Kontakte in den Unternehmen oder besonders betroffene Bereiche der Gesellschaft besser und frühzeitiger eingeschränkt werden.
Sogenannte Riegelimpfungen in Unternehmen, aber auch in Hotspot-Regionen könnten ein möglicher Ansatz sein, um das Infektionsgeschehen weiter abzuflachen. Der Oberbergische Kreis hat sich hierfür bereits wiederholt auf Landesebene eingesetzt, wurde aber bisher nicht als Region ausgewählt, die ein zusätzliches Impfstoffkontingent für Impfungen in besonders betroffenen Bereichen erhält. Die Analyse durch das Universitätsklinikum Bonn kann möglicherweise weitere Anhaltspunkte liefern, in welchen Bereichen Sonderimpfungen sinnvoll wären.
Letzte Änderung: 23. Mai 2021